Veranstaltung: | Landesparteitag |
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Tagesordnungspunkt: | Anträge |
Antragsteller*in: | LAG Sozialpolitik (dort beschlossen am: 12.09.2019) |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 27.09.2019, 13:13 |
Soz 1: Zeitbeauftragte für unsere Kommunen
Antragstext
Zeitbeauftragte für unsere Kommunen
Wir beantragen, unsere Kommunen dabei zu unterstützen, Stellen für
Zeitbeauftragte nach italienischem Beispiel zu schaffen. Hierfür sollen für
einen Zeitraum von 2 Jahren Mittel für ein Aktionsprogramm zu Kommunaler
Zeitpolitik bereitgestellt und ein Konzept zur anschließenden
Institutionalisierung in den Kommunen erarbeitet werden, welches auch
finanzielle Anreize enthält.
Begründung
In Italien wurde die Integration von Frauen in den Arbeitsmarkt schon früh gefördert (ähnlich Dänemark), daher existierte dort bereits in den neunziger Jahren ein hohes Bewusstsein für die zeitlichen Konflikte, mit denen Familien konfrontiert sind, wenn beide Elternteile berufstätig sind. Seit 2013 formuliert das italienische Landesgesetz (Nr. 8)
ABSCHNITT 2 – FAMILIENUNTERSTÜTZENDE MASSNAHMEN dort zu Zeitpolitik:
Art. 5 (Zeitpolitik)
(1) Unter Zeitpolitik versteht man die Verbesserung der Lebensqualität für die Bürger – mit besonderer Berücksichtigung der Familien – durch gezielte Maßnahmen bei der Regulierung der Zeitabläufe und der räumlichen Organisation, welche den Alltag bestimmen. In diesem Zusammenhang wird auch die Errichtung und Führung von Zeitbanken unterstützt.
(2) Ziel ist es, Familien mit verschiedenen Zeitmodellen den Zugang und die Inanspruchnahme von öffentlichen und privaten Diensten zu erleichtern und die Nutzung der öffentlichen Flächen zu verbessern. Ein besonderes Augenmerk gilt den Arbeits- und Schulzeiten als zentraler Taktgeber und Zeitnehmer, sowie dem öffentlichen Transportwesen.
(3) Die Richtlinien zur Koordinierung und Gestaltung familienfreundlicher Zeitabläufe und Raumnutzungen auf Landes-, Bezirks- und Gemeindeebene werden mit Durchführungsverordnung geregelt.
Es gibt seit vielen Jahren Zeitbeauftragte/Zeitbüros in italienischen Städten, die dort dafür sorgen, dass Öffnungs-, Arbeits-, ÖPNV-Zeiten und Zeiten für Schulbeginn und Laden- und Praxenöffnungen, sowie die Arbeitszeiten der Verwaltung in den Städten und in der Umgebung besser abgestimmt werden. Regelmäßige Beteiligungsrunden mit den bei der Abstimmung von Alltagszeiten beteiligten Akteur*innen auf lokaler Ebene, sog. Zeitzirkel, fallen ebenfalls in den Verantwortungsbereich der kommunalen Zeitbeauftragten.
Eine solche Stelle kostet die Stadt nicht viel, bringt aber den enormen Vorteil, dass in der Stadt die Zeiten besser eingeteilt und aufeinander abgestimmt werden. Wichtig ist hierbei, dass die Stelle in der Hierarchie der kommunalen Verwaltung relativ hoch angesiedelt wird, damit sie ressortübergreifend handeln kann, denn Zeitpolitik ist ein Querschnittsthema!
Die Lebensqualität der Bürger*innen wächst merklich, je weniger Zeitdruck gerade Menschen mit Doppelbelastungen haben.
Wir wollen die Städte nicht verpflichten eine solche Stelle zu schaffen, sie aber gleichwohl dazu anhalten dieses zu tun, denn der Blick in andere Länder, wie hier nach Italien lohnt sich oft, um gute Beispiele auch bei uns umzusetzen.
Die Stelle einer*s Zeitbeauftragten hilft der Stadt an vielen Punkten, an denen Zeit die Währung ist in der sich unsere Lebensqualität misst.
Zeitpolitik schafft einen Rahmen, der dem vielschichtigen Zusammenspiel von Menschen in einer Stadt oder Region Rechnung trägt.
Gelingt es die Zeitabläufe zu verzahnen und gut koordiniert ablaufen zu lassen, führt das dazu, dass die Bürger*innen mehr Zeit für das haben, was sie tun wollen.
Auch in Aachen, Bremen, Hamburg, Hanau, Flensburg und weiteren Städten wurden bereits zeitpolitische Experimente durchgeführt, aufgrund fehlender nachhaltiger Strukturen, konnten diese sich allerdings nicht dauerhaft etablieren. Um zu zeigen, was entsprechende Strukturen in diesem Bereich bewirken können, werden hier beispielhaft 2 erfolgreiche Projekte aus Südtirol vorgestellt. Weitere sind auch in der Broschüre der Stadt Bozen nachzulesen: (https://www.gemeinde.bozen.it/UploadDocs/16183_zeit_Gemeinde_BZ_zeitpolitische_-Massnahmen___DE_WEB.pdf)
In Bozen wurden beispielsweise unter Vermittlung der dortigen Zeitbeauftragten die Schulbeginnzeiten mit den Eltern, Lehrer*innen und den Verantwortlichen des ÖPNV so verändert und abgestimmt, dass die Schüler*innen zu verschiedenen Zeiten beginnen und so das Busunternehmen mit weniger Bussen und Busfahrer*innen auskommt, die vorher alle gleichzeitig benötigt wurden. Gleichzeitig kann man so zum Beispiel die älteren Jahrgänge etwas später beginnen lassen.
Arbeitszeiten in der Verwaltung wurden an die Bedürfnisse der Mitarbeiter*innen angepasst auch mal in Ruhe zu arbeiten ohne Publikumsverkehr und auch an die Bedürfnisse der Bürger*innen, die ihre Behördengänge außerhalb ihrer Arbeitszeit oder auch einfach digital machen möchten. Auch öffentliche Bauarbeiten werden koordiniert durch die Zeitbeauftragte aufeinander abgestimmt und eine frühzeitige Bürgerbeteiligung durch diese organisiert.
Unterstützer*innen
- Marlene Langholz-Kaiser (KV Flensburg)
- Martin Drees (KV Plön)
Zustimmung
- Carola Köster
- Gerd Weichelt
- Wiebke Garling-Witt
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